Reiterbogen vom Mittelalterfest

So nun halte ich ihn in meinen Händen: Einen „mongolischen“ Reiterbogen, gekauft auf einem Mittelalterfestmarkt zur Burg Weissenstein.  
Ob er nun 100% authentisch ist oder nicht war gar nicht von Interesse.

Nachdem  zu meinem  Sammelsurium ein Samick Langbogen und ein Martin X-200 Recurve gehören, wollte ich noch etwas schmuckes anderes zum Pfeileverschmeißen.

Der Händler sprach perfektes Ungarisch und grauenvolles Deutsch sowie mittelmäßiges Englisch. (Bei mir ist das andersherum… ich spreche nur perfektes Bayrisch)  Daher war es nicht einfach zu verhandeln.

Anbei die Daten des Reiterbogens:
Hersteller :
HVNGARICVM
Gábor Máté Bogenbau
Internet: www.Arcus.webzona.hu

45# bei 28 Zoll Auszug, wurde nachgemessen und stimmt exakt überein. 
Sehnenlänge 124 cm, der Bogen ist also etwas kompakter.

 

Reiterbogen entspannt Reiterbogen gespannt

Die Siyahs sind aus schönem dunklem Holz und sehen recht elegant aus, die Sehnenführung an den Siyahs ist kein so hässlicher „Knopfknubbel“ wie bei manch anderen.
Die Wurfarme sind mit braunem Leder überzogen und mit einem erhabenen Muster versehen.
Das Mittelstück wurde von mir gleich verändert, zwecks der Griffigkeit, ich hab es gern etwas dicker und nicht so filigran. Deshalb wurden Lederstreifen rundherum gewickelt.

Im Großen und Ganzen ist der Bogen ein recht gefälliges Modell.
Aber Optik ist nicht alles, darum kommen wir auch gleich zum PfeileVERwerfen.
Bei dem Bogen den richtigen Spinewert zu finden war für mich ein Unterfangen der besonderen Sorte.  Da mir für diesen Bogen unbedingt Holzpfeile vorschwebten hab ich in diversen Foren und bei Bekannten um Hilfe gebeten.
Aussagen von „Der Spinewert sollte 5-10 Pfund weniger als das Zuggewicht haben“ bis hin zu „man sollte 10-15 Pfund drüber sein“ wurden mir zur Wahl gestellt. Das Sprachproblem beim Händler habe ich oben ja schon beschrieben und verhinderte eine klare Aussage zu diesem Thema.

Also auf zum fröhlichen Testen, angefangen mit Pfeilen die für 40# ausgelegt sind  bis hin zu 65# hatte ich alles vorbereitet und auch geschrottet…. Ja, Zedernholz riecht so gut wenn es gebrochen ist.
Einzig  die Zedernschäfte für 55# mit 30 Zoll Länge und 100grain Spitze sowie 4 Zoll Shield Befiederung wollten einigermaßen gerade fliegen.  Kein so starkes reiten oder trudeln wie in den anderen Spinewerten.
Letztenendes bin ich zwar immer noch nicht 100% zufrieden weil die immer noch nicht so „exakt“ gerade fliegen aber es ist ja mehr ein reiner Spaßbogen und er ist dazu da meinen Bastelhunger an Pfeilen zu stillen. Diesen werde ich demnächst mit Kiefernschäften beruhigen und die einmal testen, natürlich im 50-55# Spinewert.  
 Hab testweise die Carbonis (Easton ST500 ungekürzt, mit 125 gr. Spitze und 4 Zoll Shield Befiederung) probiert weil die Zuhause eben auch rumliegen.
Der Bogen wirft die Carbonpfeile so dermaßen giftig nach vorne dass es eine wahre Freude ist.  Sollte aber in der Natur der Sache liegen das Carbonis schneller fliegen. Auch der Flug ist wesentlicher gerader und der Streukreis auf der Scheibe wesentlich kleiner.

Holz sieht einfach besser beim Reiterbogen aus aber mit gewissen Abstrichen im Flugverhalten und beim Streukreis, Carbon geht schneller und genauer.  Die Holzpfeile sind aber nicht feingetunt daher kann man da sicher auch noch einiges rausholen.

Desweiteren ist zu sagen dass der Bogen die Pfeile eigentlich schön schnell wirft, leider verlieren sie aber fix  an Geschwindigkeit und die Reichweite scheint unter meines Martin- Recurves  zu liegen. Für kurze Entfernungen ist der Reiterbogen aber genial, genau den richtigen „Bumms“.

Wenn wir nicht nachgemessen hätten würde ich sogar sagen, dass der Reiterbogen etwas weniger Zuggewicht hat, er zieht sich butterweich und geschmeidig, Handschock ist kaum noch vorhanden –Griffstückumwicklung und richtige Handhaltung sei Dank.  
Er hat definitiv 45# bei 28 Zoll aber der Martin-Recurve mit gleichen Zuggewicht zieht sich „härter“. (vermutlich subjektives Gefühl) Auch ist der Reiterbogen leiser als der Martin X-200

Soweit zu den „Vergleich“ Reiterbogen und Recurve.

Die Verarbeitung finde ich echt schön und gut, kein Grund bisher zu meckern. (Wobei ich jetzt nicht weis wie es unterm Leder aussieht, dass reiße ich nicht runter)
Die 150 Euro ist der Bogen allemal wert, vor allem weil ich ihn ja nur mal so zum testen und zum nebenbei  beschäftigen nutzen wollte und er mir sehr viel Freude macht.
Mittlerweile bin ich schon fast mehr mit dem Reiterbogen am üben und probieren als mit dem Recurve und der Langbogen vegetiert nur noch im Eck.

Was gibt es noch so zu berichten?
Ach ja, Auszug… ich schieße ihn mit dem Mediterranen Griff und ankere wie beim Recurve am Mundwinkel.  Daher kann ich nicht sagen wie er sich mit dem „Brustanker“ schießt und ob er auf 30Zoll auch noch sauber arbeitet.
Er wird jedoch ein „Spaßbogen“ bleiben  denn alleine schon die Lederummantelung ist mir zu schade als das ich sie auf Dauer im Unterholz auf den Parcours zerkratzen möchte.

Befürchtungen, dass der Bogen nach kurzer Zeit schon an Zuggewicht verliert kann ich im Moment weder bestätigen noch dementieren.  
-An dieser Stelle füge ich als Update noch hinzu das auch nach weitern gut 500 Pfeilen und etlichen auf und abspannen sich daran nichts geändert hat. Mal sehen wie es in weiteren 3 Monaten ausschaut-

Ähnlichkeit mit dem Grozer Nomad G6 Awarenbogen kann ich den Bogen nicht absprechen, dieser wäre aber dann auch noch 10 cm länger

Erfahrungen nach einem Jahr Gebrauch

Ein "weich werden" des Bogens hinsichtlich seiner Wurfkraft liess sich auch nah einem Jahr Gebrauch nicht beobachten. Jedoch haben sich etwa 1 Jahr nach häufigem Gebrauch die Wurfarme verzogen, so dass nach je ein paar geschossenen Pfeilen die Sehne aus den Fuhrungsnuten der Siyahs gesprungen ist, was natürlich der Treffersicherheit des Bogens nicht zuträglich war. Dieses Problem liess sich allerdings zufriedenstellend durch Biegen der Wurfarmspitzen über heissem Wasserdampf richten. Die Lederwicklung wurde durch diese Prozedur ebenfalls nicht in Mitleidenschaft gezogen. Einige Tage nach dem Richten der Wurfarme (wobei eine leichte seitliche Verwindung immer noch zu sehen war) konnte sich der Bogen auf einem 3D-Turnier bewähren. Das genannte Problem mit der Sehne tauchte im Verlauf des Turniers nicht mehr auf.

Armin

 

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